Wolkenstadt: Wetter – Testosteron, Baby

…Als Schmetterlingsmädchen Martha sich noch einmal umdrehte, war ihre Angst verflogen. Hinter ihnen lag das Künstlerviertel der Himmelsstadt. Die Regenbogenerschaffer hatten sie herzlich aufgenommen – und ihnen zum Abschied ein Geschenk gegeben: Einen Anti-Beutel, mit einem Stück Regenbogen. „Wenn ihr den fiesen Beutel der Hexe findet, dann müsst ihr einfach dies hineintun … und alle Gewitter, alle schlechte Magie, die einen Winter verlängern kann, wird neutralisiert“, hatte ihnen das Einhorn gesagt. Martha hütete ihren „Schatzzzzz“ wie eine Wahnsinnige. Sie musste darauf aufpassen, sie musste unbedingt. Das war so bei kleinen Schmetterlingsmädchen. Sie hatte die Macht in den Händen, weitere Winterangriffe auf die Erde, also auch auf alle Schmetterlinge, abzuwehren und für immer zu beseitigen. „Meinst du, mit ihr ist alles in Ordnung“, flüsterte Johnny Darfo zu. Er wußte nicht genau. Seine Freundin hatte sich verändert. Seitdem sie den bunten Regenbogenbeutel in der Hand hielt, verhielt sie sich wie eine Löwin, die ihre Junge verteidigte. Und irgendwie hatte er das Gefühl, dass er nicht der Vater dieses Kindes war. Sie fauchte und kratzte, wenn man sich ihr näherte. „Los, wir müssen jetzt weiter“, trieb Sonja die Gruppe an. Martha, Darfo, Sonja und Johnny verließen flugs das Viertel der Künstler und folgten weiter der Ozonspur. Es ging von hieraus direkt in den nächsten Bereich der Wolkenstadt. Überall hatten Himmelsbewohner ihre Häuser, ihre Privatstrände und eigenen himmlischen Mini-Freizeitparks. Entspannung wurde hier groß geschrieben. Auch wenn die Schmetterlinge eigentlich nur den Arbeitsplatz in der Wetterzentrale kannten, hatte hier jeder seinen Job. Bei einigen konnten sie erahnen, dass er ein Wolkenfeger oder professioneller Sonnenscheinurlaubstester war, bei anderen war es schwieriger, wenn nicht sogar schier unmöglich, zu sagen, was er oder sie machte. Und sie hatten auch gar keine Zeit, dies zu hinterfragen. „Ich könnte hier ja ein bisschen bleiben“, schlug Johnny schnurrend vor, als er drei junge Himmelsstadtbewohnerinnen sah. Aber dank eines starken Griffes an sein Ohr, der ihn nun jammernd durch die Gassen schleifte, erübrigte sich die Antwort. Sonja hatte jetzt keine Lust mehr zu diskutieren, da konnte Johnny durch sein Gewimmer hinter ihr auch nichts ändern. Martha folgte im Zickzackflug, immer dabei, den Beutel vor anderen zu verstecken, nur Darfo schien der einzige Schmetterling zu sein, der halbwegs normal durch die Wolkenstadt flog. Allerdings auch nicht lange. Sein Magen knurrte aufgrund des Zuckerwattemangels mittlerweile so laut, so dass manch eine Wolkenstadtbewohnerin ihr Kind vor dem merkwürdigen Schmetterling zur Seite zog – nicht, dass er sie nachher noch auffraß. So flogen das Schmetterlingsmädchen mit dem leuchtenden Regenbogenbeutel und dem wahnsinnigen Gekicher, die Schmetterlingskriegerin mit dem jammernden Schmetterlingsmacho am Ohr gepackt und der Schmetterling mit den angsteinflößenden Magengeräuschen durch die Gassen, zwischen den Wolkenhäusern hindurch … bis ein irischer Wolfshund wild knurrend vor ihnen Position einnahm – und sie nicht durch ihre Gasse fliegen lassen wollte. „Was wollt ihr hier“, knurrte der Chef dieses Reviers mit tiefer Stimme. Er hatte dunkles langes Fell, war um ein Vielfaches größer als die Schmetterlinge und rieeeeesige Zähne. Gefährlich, gefährlich – so sah es zumindest aus. „Wir müssen die Wetterfeen und die Hexe finden, um sie zu bestrafen und zu verhindern, dass sie wieder den Winter zurück auf die Erde bringen. Jetzt ist Sommer!“ Der Wolfshund kniff misstrauisch ein Auge zu. Testosteron, Baby. Sonja ließ Johnnys Ohr los, der prompt auf den Wolkenboden platschte. „Platsch.“ Darfo überlegte derweilen, ob er nicht einfach ein Stück Wolke dieses Hauses neben ihm essen sollte. Es sah doch so schön wie Zuckerwatte aus, und Martha dachte darüber nach, ob sie den Wolfshund nicht einfach attackieren und zerfleischen sollte, um die Möglichkeit auszuschließen, er könne ihren Regenbogenbeutel stehlen. „Ihr seht jetzt aber nicht wie eine Spezialeinheit aus, die mit diesem heiklen Auftrag betreut werden könnte.“ „Mom …, Mom …, Momeeent“, meldete sich jetzt ein Schmetterlingsmacho, der sich in seiner Ehre gekränkt fühlte, und sich protestierend auf die Beine mühte. „Erstens, haben wir schon mehr Rettungsaktionen in unserem kurzen Leben durchgezogen, als du in deinen Träumen erleben kannst, und zweitens…“, wollte Johnny fortfahren, doch ihm fiel da gerade nicht viel ein – daher schaute er jetzt Sonja hilfesuchend an. Bitte, sag was, verrieten seine Augen. „Und zweitens“, ging Sonja selbstbewusst auf Johnny zu. Der zuckte erst zusammen und hielt eine Hand schützend an sein immer noch rot glühendes Ohr. „Und zweitens“, fuhr Sonja fort, „hat er den Sheriffstern!“ Sonja packte in Johnnys Hosentasche und zog zu seiner Verwunderung einen fünfzackigen Super-Special-Agent-Star heraus. Bei dem Anblick wich der irische Wolfshund einen Schritt nach hinten, Johnny selber spürte die Macht, die von dem Stern ausging. „Wann hab ich denn den bekommen?“, wollte er sofort von Sonja wissen. Sie schaute ihn an – und grinste. Es gab Dinge, die brauchten Schmetterlingsmachos nicht wissen. Das war Frauensache, und das war eine ganz eigene Magie. Testosteron, Baby. Der Wolfshund zeigte sich nämlich nur kurz beeindruckt, dann ging er wieder einen Schritt nach vorne. „So, so, das ängstliche Häschen mit Flügeln hat also einen magischen Sheriffstern und weiß noch nicht einmal, wie er daran gekommen ist“, grinste er Johnny … KabummPlatschBoingPiffPaffPuffBoingKawummsdich … war der Weg frei. Der irische Wolfshund war klein wie ein Pudel in den Wolkenboden gepresst – und konnte die (schmerzfreie) Nahrungsaufnahme für die nächsten Wochen vergessen. „Los, los, los“, trieb Sonja ihre Kameraden an. Weibliche Magie, die über Männerhormone herrschte, klappte doch immer. Testosteron, Baby …

—– —– —– —– —– —– —– —– —– —– —– —– —– —– —– —– —– —– —– —– —–

Diese Geschichte ist eine Vorgeschichte des Buches “Die Schmetterlinge und der verschwundene Sommer”. Hier im Blog entstanden, hat sie im Buch noch einmal eine fantastische Verwandlung erlebt! Nur noch rund 60 Prozent von dem, was hier steht, findet sich in dem Märchen-Abenteuer in der goldenen Himmelstadt wieder. Also einfach kaufen, lesen und begeistert sein!

 

Ein Märchen in der goldenen Himmelsstadt ist "Die Schmetterlinge und der verlorene Sommer".

Recent Comments

Leave a Comment