Wolkenstadt: Wetter – Eiswürfel auf Bestellung

Die weißen Wolkenwände zogen sich in alle Richtungen nach oben. Nach einigen Flügelschlägen kehrte auch wieder Leben in die Himmelsstadträume ein. „Das sind wahrscheinlich nun die Hagelabteilungen, die gehören auch dazu“, erklärte Sonja ihren Freunden. Im Sommer gab es schließlich auch Wärmegewitter, und wenn diese einmal nach Plan stark werden sollten, dann fütterten die himmelsstädtischen Angestellten diese mit kleinen Eiskugeln, so wie es eben der Einsatzbefehl jeder Tages- oder Nachtschicht auf dem großen 24-Stunden-Plan vorsah. Sonja konnte sich noch gut erinnern, wie Petrus die Abteilung geschaffen hatte. Johnny war damals mit ihr da gewesen. „Ich hätte für meine Erdbeerinhas bitte Eiswürfel, äääähm, ich meine Hagelkörner …“, hätte sich Johnny vor langer, langer Zeit beinahe verplappert, „… die in diesen Becher passen.“ Johnny und Sonja hatten auf Petrus’ Schreibtisch gesessen und ihm genauestens erklärt, wie der perfekte Erdbeerinha-Eiswürfel aussah. Dazu hatte Johnny seinen Lieblingsdrinkbecher mit nach oben in die Wolkenstadt genommen. Mit diesem hatte er demonstrativ vor der Nase des obersten Wettermachers rumgewedelt. „Warum sollte ich das machen, passgenaue Hagelkörner auf die Erde schießen?“ Petrus hatte keine eigene Abteilung für diese Aufgabe gehabt. Das hatten bis zu diesem Zeitpunkt schlichtweg die Regenwasserwärmekälteregulatoren übernommen. Das Ergebnis: Chaotische Hagelkorngrößen, völlig unbrauchbar, um bei einer Party alle Gäste mit ein und derselben Eiswürfelgröße zu beeindrucken – die dazu noch auf Bestellung aus dem Himmel kam. „Nun, es verhält sich bei den Menschen ja so, dass sie geordnete Formen mögen. Du musst es ja nicht überall so schön gleich machen. Nur, äääähm, da, wo wir uns gelegentlich aufhalten“, sagte Sonja, die merkte, dass ihre Argumente so dünn wie Zuckerwattefäden waren. „Und wenn ich hier und da Hagelkörner mit der richtigen Größe auf die Erde fallen lassen würde, dann passiert was mit den Menschen?“ Sonja schaute Johnny hilfesuchend an. Unterstütz mich, verrieten ihre Blicke. Klick. Das löste im Hirn des Schmetterlingsmachos eine Kettenreaktion aus. Okay, es war eher so etwas wie umfallende Dominosteine – aber es führte zum Ziel. „Du kannst ein Mädel damit beeindrucken! Du kannst ein Mädel damit beeindrucken! Und wenn Du auf der Erde bist, und Sonja erzählt es allen anderen Schmetterlingsmädels, und das wird sie machen, sie ist ein Mädel, dann kriegst du alle anderen Mädels“, hämmerte eine Stimme im Köpfchen des Schmetterlings rum. Pling, glänzten seine Augen wie Sterne in der Nacht. Schweiß bildete sich auf seinen Händchen. Ein sehr dunkler (großer) Bereich in einer geheimen Männerhirnhälfte wurde schlagartig – sehr, sehr kurzeitig, aber ausreichend, man nannte dies auch einen Geistesblitz – beleuchtet. Dieser sorgte dafür, dass Bilder von tausenden Schmetterlingsmädchen, die ihn abknutschen und abknutschen und abknutschen, die Kontrolle über ihn übernahmen und er hektisch auf Kopfhöhe von Petrus flog. Dann flüsterte er dem obersten Wetterchef der Wolkenstadt etwas ins Ohr. Tuschel, Tuschel, Tuschel. Die Augen von Petrus wurden ganz groß. „Nein“, hauchte er völlig überrascht. „Doch!“, konnte Sonja vernehmen. Johnny machte weiter. „Neeeein, ist nicht wahr!“ „Doooch!“ Tuschel, Tuschel, Tuschel. „Naaaain!“ „Doch!“ Tuschel, Tuschel, Tuschel. „Naaahaaain!“ „Dohoch!“ Naaain, ich schlag mich weg!“ „Doch!“ Und schwuppsdiwupps, öffnete Petrus in Sekundenschnelle eine Schublade, zog einen Stapel Papiere hervor, kritzelte mit seiner Feder flugs einige Worte auf das oberste Blatt, zog dann noch seinen Stempel … und „Platsch“ war amtlich angeordnet, dass es eine Abteilung für Hagelkörner geben sollte, die dort, wo die Schmetterlinge waren, nach Wunsch Eiswürfel runterfallen ließ – nach Bedarf auch mit verschiedenen Geschmacksrichtungen, vielleicht sogar mit kleinen Motiven wie Sternen, Herzchen oder Erdbeeren drin. „Ääähm“, rüttelten jetzt Martha und Darfo an Johnny und Sonja. Die beiden hatten geträumt. Zu phänomenal war ihre Leistung damals gewesen. Diese Abteilung, neben der sie jetzt standen, gab es nur wegen ihnen. „Wollen wir nicht wieder den Wetterfeen und der Hexe folgen?“ Sonja grinste Johnny an. Der war allerdings mittlerweile wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Von ihr hatte er keinen Kuss gekriegt. Von anderen schon, aber die waren jetzt nicht hier oben, sondern unten auf der Erde. „Ja, lasst uns der Ozonspur schnell folgen“, sagte er grummelnd. Was die anderen nicht sahen, war das Funkeln in seinen Augen, als sie die Spur wieder aufnahmen. Wenn er maßgeblich daran beteiligt wäre, die Schuldigen für den verspäteten Sommer zu finden, und dies auch für die Zukunft ausschließen konnte, wie erst würden sich dann die Schmetterlingsmädchen auf der Erde bei ihm bedanken??? …

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Diese Geschichte ist eine Vorgeschichte des Buches “Die Schmetterlinge und der verschwundene Sommer”. Hier im Blog entstanden, hat sie im Buch noch einmal eine fantastische Verwandlung erlebt! Nur noch rund 60 Prozent von dem, was hier steht, findet sich in dem Märchen-Abenteuer in der goldenen Himmelstadt wieder. Also einfach kaufen, lesen und begeistert sein!

 

Ein Märchen in der goldenen Himmelsstadt ist "Die Schmetterlinge und der verlorene Sommer".

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