Wolkenstadt: Wetter – Die Falle

Die Sonne schien, die Vögel zwitscherten – und auf den Wolken machte sich eine Karawane daran, den Übeltätern des verlorenen Sommers den Garaus zu machen. Und es schien, dass sogar die Winde ihnen hold waren. Angenehme 25 Grad zählte Erdhörnchen Koschalski auf seinem Ballometer. Gerade schaute noch eine Ameise mit drauf, da wurden die beiden auch schon angestoßen, fast umgeworfen. „Nicht halten, weitergehen, weitergehen“, rümpfte eine Ordnungsameise die Stirn und verscheuchte beide mit seinen rumwirbelnden Händen. Er mit seinen zehntausenden Ordnungskollegen war schließlich dafür verantwortlich, dass es in dieser Massenwanderung ordentlich und friedlich zuging. „Und immer darauf achten: Ihr seid nicht alleine unterwegs!“, hob er mahnend den Zeigefinger. Dann ging er auch schon im Strom der Folgenden unter. Da waren zahlreiche Diamantbären, die vier Schmetterlinge auf ihren Schäfchenwolken, summende, blau leuchtende Glühwürmchen, die „glückliche“ Fee, die drei anderen Erdhörnchen Reivate, Freeko und Schippa, die auf Anweisung des Big-Boss’ genannte Elite-Detektiv-Truppe nun unterstützte, da waren Millionen von Ameisen, und mittlerweile auch die Spielmannsleute Zeus und Poseidon. Letztgenannter lief immer noch mit einem Grinsen im Gesicht herum – denn es gab einen Unterschied zum Abenteuer davor: Das Stück des Regenbogens hatte augenscheinlich dafür gesorgt, dass er wieder ein junger Mann geworden war. Seine Altersspuren waren verschwunden. Er hielt seinen nun ebenfalls wesentlich besser ausschauenden Dreizack in der Hand, musste ihn aber nicht mehr zum Abstützen benutzen. Die Magie des Regenbogens hatte ihn positiv verändert. Und sie wirkte in ihm immer noch nach. „Sag mal …“, schaute er Zeus an, während der leuchtende Sheriff-Stern am Anfang des Zuges die Masse gerade in ein neues Wolkental führte, „… irre ich mich, oder sind da gerade Deine Tränensäcke verschwunden?“ Zeus blickte müde auf. „Veräppel mich nicht, ich bin zurzeit nicht sonderlich in Stimmung für deinen schrägen Humor.“ „Nein, nein, ehrlich“, schaute ihn die „glückliche“ Fee nun ebenfalls an. Reeeeein zufällig hatte sie sich auf Höhe des jungen „hübschen Mannes mit Dreizack“ zurückfallen lassen. „Ihr seht wirklich so aus, als würde mit Euch etwas geschehen“, sagte sie … und kramte schnell in ihrer Rocktasche rum. Und schwuppsdiwupps, „Quaaaak“, hatte sie neben ihrem Mehrweg-Frosch einen kleinen Spiegel hervorgeholt. Fast eine Ameise, dank seiner Unachtsamkeit, zertretend und eine wilde Schimpftirade später blickte Zeus in sein Ebenbild. In ein deutlich verjüngtes, versteht sich. „Schlach mich tot“, flutschte es ihm erstaunt aus dem Mund. Er kniff sich selber in die Wange, zupfte hier an seinen Haaren, dort an seinem Ohr. Alles war straffer, jünger, attraktiver geworden. Zeus schaute Poseidon an. Es dauerte drei, zwei, eins …. „Alter, damit können wir richtig Kasse machen!!!“ Poseidon brauchte etwas … dann war auch er so weit. „Eine halbe Stunde in meiner Gegenwart – 1000 Euro. Pro Person, zehn maximal. Dazwischen eine Stunde Pause. Bei genügend Andrang erhöhen wir auf 2000 Euro, dann 3000 Euro und so weiter!“ „Ich übernehme das Management“, sprudelte es aus Zeus heraus … bis er auf den Fuß eines Diamantbären trat. „Roooooooar“, fuhr der Krieger auf und schlug mit seiner Pranke nach dem „A%$ch“, der trotz mehrfacher Aufforderung nicht auf sein Umfeld achtete. Erschrocken ließen sich Zeus und Poseidon etwas fallen und tauschten ihre Gedanken in aller Eile weiter aus. Ganz an der Spitze der Kolonne begann Sheriff-Stern-Träger Johnny allerdings, die Stirn zu runzeln. Auch Sonja merkte, dass etwas nicht stimmte. Erdhörnchen-Anführer Schippa hatte ganz seinem Rang entsprechend aufgeschlossen, auch sein Instinkt verriet ihm, dass hier etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Sie hatten erst gerade das Wolkental durchquert, der Ozongeruch lag deutlich in der Luft, da mündete die Ebene in einen Weg, der durch zwei riesige Wolkenberge sehr, sehr, seeeeehr schmal wurde. Auffällig schmal. „Hmmm“, grummelte Sonja, dann Schippa, dann auch Johnny. Es war ein schmaler Pfad, durch den sie mussten. Und wie es aussah, alle hintereinander, so eng war es da. „Meint ihr, dass ist zufällig so?“ „Haaaaaaaaaalt“, brüllte hinter ihnen der Ameisen-Anführer mit seinem Megafon den Befehl durch die Reihen der Karawane. Schepper, Boing, Doing, „Aua“, kamen die Millionen Mitreisenden zum Stehen. „Was ist los?“, wollte Darfo wissen, der seine Schäfchenwolke nun neben die von Sonja und Johnny führte. „Oh“, sagte er sofort beim Anblick des Pfades. „Wir können doch außen rum?“ Entsetzt schauten ihn Sonja, Johnny und Schippa an. „Weichei, oder was?“ Der mögliche Zeitverlust war zweifelsohne Nebensache. „Ich bin dafür, wir schicken einen Voraustrupp rein und schauen, ob sie auf der Strecke bleiben“, schlug Schippa vor. Sie hatten noch keinen einzigen Verlust gehabt. Das war ja so was von peinlich. Vielleicht würde ja in dieser vermeintlichen Falle jemand „endlich“ draufgehen. Vom niederen Fußvolk versteht sich. Das war schließlich ihre Rolle. „Ja“, kratzte sich Sonja die Stirn und drehte sich im Sattel auf ihrer Schäfchenwolke um. Nur wen sollten sie nehmen? Ihr Blick wanderte über die Köpfe der Ameisen, – drei von ihnen hüpften bereits ahnend, um was es ging, mit dem Zeigefinger erhoben herum -, über die Diamantbären an der „glücklichen“ Fee schnell vorbei, zu Poseidon und Zeus und dann dank des “Quaaaaks“ wieder zurück zur Fee. Die strahlte die Schmetterlingskriegerin wie immer glücklich an. Komm mal her, winkte Sonja mit ihrer Hand. Es dauerte einen Tanz von gut fünf Minuten, den sie zwischen den Ameisen wie zwischen gekochten Eiern vollführen musste, um niemanden zu verletzten,… doch dann war sie da. Tuschel, Tuschel, Tuschel, flüsterte Sonja der Fee ins Ohr. Millionen interessierter Blicke auf sie gerichtet, zog sie ihren Mehrweg-Frosch und warf ihn in den Eingang des Pfades zwischen den hohen Wolkenbergen. Uuuuuund „Plopp“, stand vor ihnen der wunderschönste Prinz, den Märchenaugen je gesehen hatten. „Uuups“, tat die Fee ganz beschämt, uuuuuund „Plopp“ stand dort ein herrliches, vitales, saftiges Schwein, seine Haut glänzte rosa wie ein frischer Babypopo. „Oink, oink“, hoppelte dieses auch sofort los. Hoppel, Hoppel, Hoppel – uuund „Zack“, war es in einem Spinnenplastiknetz gefangen, so groß wie der schwimmende Plastikmüllteppich im Pazifik zwischen der Westküste der USA und Japan. „Auweia“, musste Martha schlucken … und griff reflexartig zum Anti-Beutel an ihrem Hals. Für einen Bruchteil schossen bunte Regenbogenstrahlen in alle Himmelsrichtungen. „Boaaah“, staunten Ameisen und Diamantbären, Poseidon wurde ganz zittrig. Das Schwein hingegen kämpfte gegen die Gefangenschaft, aber je mehr es sich wehrte, desto fester zurrte sich das Plastik. Bis … zwei gierige Milliardäre sich über die Wolkenklippen neigten und ihren Fang einholen wollten. Allerdings sah es danach aus, dass sie hier oben arm wie Bettler waren. „Kennst du die?“, wollte Sonja sofort von der Fee wissen. „Hmmm“, überlegte diese. „Ich habe davon gehört, dass es wirklich zwei Menschen geschafft haben sollen, sich einen Platz im Himmel zu erkaufen. Das Gerücht sagt aber, als der Big-Boss davon erfahren hat, hat er sie zu immerwährender Armut, zu Hunger und Hoffnungslosigkeit verurteilt. Ich schätze, … das sind sie.“ „Wie lange sind sie denn schon hier oben?“ „Noch nicht lange, ihnen kommt es aber so vor, als wären es tausende Jahre. Und die Leiden all derer, denen sie das Leben schwer gemacht haben, lasten nun auf ihnen, als würden sie sie tragen vom Anbeginn der Zeit.“ Darfo schaute Martha an. Aua, das war ja lange. Mitleid kam in ihnen auf. Vielleicht sollten sie … und schon ritten Martha und Darfo gegen den Protest ihrer Mitstreiter in die Schlucht hinein, auf das gefangene Schwein hinzu, direkt zu den gierigen Milliardären, die vor Furcht zischend zurückwichen. „Halt, halt … und …“ „… Hallöööölechen“, jubelte die „glückliche“ Fee ihnen nun zu. Sie konnte es sich nicht entgehen lassen, Gutes zu tun. „Würdet ihr uns helfen, diesen Pfad entlang zu kommen? Das wäre sehr, sehr nett. Und wir könnten euch etwas Zuckerwatte geben“, rief die Fee zum Schrecken von Darfo und Johnny hoch. Also bitte, Hilfe hat auch ihre Grenzen, wertes Fräulein! Die Milliardäre hüpften am Wolkenhang dicht zusammen und tuschelten miteinander. Sie mussten die Lebewesen so manipulieren, dass sie das Schwein und die Zuckerwatte bekamen. Auf der Erde waren sie darin Vollprofis gewesen. Und was unten klappte, würde bei diesen Naivlingen hier oben auch funktionieren. Was Martha, Darfo und die Fee in diesem Moment allerdings nicht sahen, waren drei Frauenköpfe, die hinter den beiden Milliardären auftauchten. Ihre Mienen waren hasserfüllt, in der Hand der Hexe baumelte der fiese Beutel – dampfend, Blitze schießend, schwarze Giftwölkchen erzeugend. Auch wenn die drei Märchenwohltäter die Warnungen nicht sagen – den Lärm hinter ihnen bekamen die beiden Schmetterlinge und die „glückliche“ Fee allerdings mit. Nur verstanden taten sie nicht, was Sonja, Johnny und all die anderen ihnen zuriefen. Und alle zeigten mit den Fingern über die beiden Milliardäre. Über die Milliardäre? Sofort ritten und gingen sie einen Schritt zurück – und dann sahen sie … die beiden Wetterfeen und die Hexe!!! Über deren Köpfen braute sich vor unsagbarer Wut ein Gewitter zusammen, die Hexe beschwor wild mit den Händen in der Luft rumwirbelnd einen Zauber hervor. Und „Kraaaach“ explodierte der Himmel, ein riiiiiiiiiiiesiger Blitz schoss nach unten, zerfetzte die Milliardäre und schlug oberhalb von Darfo, Martha und der Fee in der Wolkenwand ein – ein dicker Brocken löste sich … und fiel auf die Freunde herunter!!! DAAAAS war die wahre Falle!! Ein Attentat auf die Anti-Beutel-Trägerin!!! Doch die „Schlaaaaaaaa%&en“ hatten ihre Rechnung ohne einen mittlerweile wieder im Besitz von vollständiger Jugend betrogenen Ex-Lover namens Zeus gemacht. Während eine halbe Million von Ameisen den Wolkenberg zur Hälfte erklommen hatte, dutzende Diamantbären hasteten, um an die Wettefeen und die Hexe von hinten ranzukommen, sprintete Zeus los, hielt seinen Blitz in die Höhe, presste wie ein an Verstopfung Leidender die Augen zusammen, presste und presste … und schoss einen gigantischen Alt-Gott-Blitz mit unvorstellbarer Geschwindigkeit hervor, … der den Wolkenbrocken nur wenige Meter über den Köpfchen der drei Freunde in der Schlucht in tausende Stück zerbrach – und ihnen damit das Leben rettete. Die Wetterfeen und die Hexe blickten kochend vor Wut nach unten, sahen aber auch, dass die ersten Ameisensoldaten gerade die Klippe erreichten – sie waren bald da! Schnell starteten die Attentäterinnen ihre Flucht … und wurden von Schippa überrascht. Ganz alleine stand das Erdhörnchen coooool vor ihnen, hob die Hand und sagte: „Die Damen!? Wohin des Weges?“ Vollkommen von diesem unverschämten Benehmen überrascht, bremsten sie ab, da landete auf einmal noch ein goldener Sheriff-Stern neben Schippa … sabbernd, lechzend, mit glühenden Augen. „Aus dem Weg, Du niedere Kreatur“, befahl die Hexe, die Wetterfeen blickten aufgrund von Johnnys verliebten Lächeln verschämt drein, kicherten wir unschuldige Schulmädchen. Sie wussten genau, wie sie sich verhalten mussten, wenn ein Männlein auf ihre Reize reinfiel! Die Hexe hingegen hob ihren rot glühenden Zeigefinger, murmelte einen Zauberspruch … und zeigte damit auf Schippa. Die ersten Ameisensoldaten erreichten bereits die Rockzipfel der Wetterfeen, der erste Diamantbär war nur noch wenige Schritte von ihnen entfernt. Da schoss ein schwarzer Teerstrahl auf Schippa zu … und prallte an einer unsichtbaren Wand vor ihm ab. Giftig triefend lief die Brühe auf den Wolkenboden, verwandelte das Weiß in ein ekeliges Schwarz. Erschrocken blickte die Hexe auf, das Erdhörnchen zeigte ihr grinsend den Mittelfinger. Unten packte sich Martha an den Hals und sah, dass Schippa den Anti-Beutel in der anderen Hand hielt. Doch in dem Augenblick sprang der Diamantbär mit ausgefahrenen Krallen los, sah wutentbrannt den Schrecken in den Augen der Wetterfeen, holte in der Luft aus … und schlug der Hexe den Kopf ab. Letzte Ruhe, Totenstille. Die Wetterfeen nutzten den Moment – und rannten feige den Abhang runter. Alle starrten den immer noch stehenden Körper der fiesen Hexe an … und sahen, wie ihr ein neuer Kopf wuchs. Mit ein paar Warzen mehr, noch hässlicher als zuvor. Der Diamantbär landete mit einer Rolle auf dem Boden, brauchte aber noch etwas Zeit. Die Hexe lachte bösartig, jedes Märchenwesen zitterte vor Furcht, dann schnipste sie gurgelnd mit dem Finger … und graue Winde erfassten sie wie aus dem Nichts kommend, trugen sie als eine Art fliegenden Teppich davon, sie schnappte sich noch die Wetterfeen … und verschwand mit ihnen am Horizont. „Mist“, fluchte Johnny. Martha, Sonja und Darfo standen nun neben ihm. Allen fiel zeitgleich der Spruch eines alten Schmetterlings ein: „Es gibt keine Zufälle ……

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Diese Geschichte ist eine Vorgeschichte des Buches “Die Schmetterlinge und der verschwundene Sommer”. Hier im Blog entstanden, hat sie im Buch noch einmal eine fantastische Verwandlung erlebt! Nur noch rund 60 Prozent von dem, was hier steht, findet sich in dem Märchen-Abenteuer in der goldenen Himmelstadt wieder. Also einfach kaufen, lesen und begeistert sein!

 

Ein Märchen in der goldenen Himmelsstadt ist "Die Schmetterlinge und der verlorene Sommer".

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