Da hatten die Bewohner des Staates Colorado aber Glück gehabt. Die Atomrakete ist nicht hochgegangen. Bei den Schmetterlingen war die Apokalypse hingegen eingetreten.
… Nur das Schicksal weiß im Voraus, was morgen sein wird. Nicht (jedes) Märchenwesen, und schon gar nicht der Mensch: Es sollte eine einfache Routine-Optimierung sein. Schmetterlingsmacho Johnny stand im Handwerker-Dress mit Werkzeuggürtel, Stahlhelm und Bergsteigerstiefeln vor dem Fernseher, gleich wollten sie eine weitere Folge von Walking Dead schauen. Schön gruselig, mit drei Vampiren und zwei Geistern zusammen. Sie hatten ein Horror-Film-Orchester bestellt, das solange die Flimmerkiste nicht lief, herrlich-schreckliche Klänge in den Raum trällerte. Und es spielte immer nur dann, wenn sich einer der Anwesenden bewegte: Kaum griff Martha zu ihrem Blut-Erdbeerinha, quietschten die Geigen. Drehte sich Sonja um, spielten die Tubas und die Singenden Sägen schräge Töne. Doch Johnny wollte schnell noch aus ihrem 4k-TV händisch eine 500k-„Baller-Kiste“ machen. Er griff demonstrativ zum Schraubendreher, hob ihn geschwind heroisch in die Lüfte, beugte sich für alle sichtbar hinter den Fernseher. Drei, zwei, eins: „Pufff“, machte es leise, schwarze Wölkchen stiegen empor. Weit aufgerissene Augen im Schmetterlingswohnzimmer. Unglauben. Sprachlosigkeit. Die Apokalypse im Eigenheim. Aber die Märchenwesen waren mit ihren Emotionen nicht alleine: Ähnlich dürften sich drei US-Militärs gefühlt haben, als sie im Mai 2014 eine Atomrakete in Colorado zerstörten. Eigentlich zur Routineuntersuchung angereist, sollten sie lediglich einen Diagnostest im Silo Julia-07 durchführen. Und wenige Sekunden später konnte die Menschheit danken, dass es den Planeten Erde noch gab. Naja, zumindest die Bevölkerung des US-Staates durfte Gebete absenden, dass es sie noch gab. Denn: Wie sich jetzt erst heraustellte, hatten die Soldaten der Luftwaffe die Interkontinentalrakete mit einem Atomsprengkopf vom Typ Minuteman III so demoliert, dass das Militär eine extrem geheime Geheimsache draus gemacht hatte. Erst anderthalb Jahre später rückten sie spärlich Informationen raus. 1,8 Millionen US-Dollar habe der Schaden an der Atomrakete betragen. Mehr gaben sie eigentlich nicht wirklich preis. Die Bevölkerung habe sich zu keiner Zeit in Gefahr befunden, blablabla. Menschlicher Fehler, blablabla. Die Ausbildungspläne seien mittlerweile verändert worden, blablabla. Sonja schaute das Horror-Film-Orchester mit funkelden Augen an: „Jetzt weiß ich, was ihr im Mai 2014 in einem unterirdischen Raketensilo gemacht habt …
guckst du welt