Die Weltraumsonde New Horizons hat auf dem Pluto ein mysteriöses X (rechts unten) aufgenommen und die Bilder zur Erde gesendet. Foto: NASA/JHUAPL/SwRI
… Es wurde gelacht, es wurde gewettet und gefuttert: Vergnügt hockten die Schmetterlinge Martha, Darfo, Sonja und Johnny auf der Couch, schauten sich das Live-Spektakel „Ich bin ein Einhorn, bringt mich hier wieder rein“ an. Ein zweitklassiger Fernsehsender auf dem Mars hatte diese Show für’s Abendprogramm entwickelt – und damit einen Hit gelandet. Mehrere Billiarden Märchenwesen und andere Außerirdische schauten mittlerweile zu. Die Aufgabe: Zehn Einhörner waren von der Paradiesinsel „Fantastica“ ausgeflogen worden. „Fantastica“ war ein Ort, wie ihn Menschen nur aus der Bibel kannten. Dort floßen Schokoladen-Bäche, schien die Sonne immer angenehm, in der Luft strömten Entspannungsgase. Ein Urlaub dorthin konnten sich nur die wenigsten im Universum überhaupt leisten. „Fantastica“ hatte etwas gleichzeitig von Karibik und Alpen, von Norwegen und Afrika. „Fantastica“ war einfach ein Paradies. Und die Glücklichen waren die Inseleinhörner. Sie waren die Einheimischen. Obwohl sie niemals ihren Hort der Glückseligkeit verlassen hatten, wussten sie ganz genau, dass die Welten „da draußen“ einfach nur schlechter sein konnten. Und eine gewitzte Produktionsfirma hatte es tatsächlich geschafft, zehn Einhörner für Geld davon zu überzeugen, die Insel zu verlassen. Auf fünf Planeten waren sie „heimlich“ verteilt worden und waren von da an auf sich alleine gestellt. Ein Team war sogar – zur Freude der Schmetterlinge – in dieser Staffel auf die Erde verfrachtet worden. Sie machten einfach alles, um wieder zurück nach „Fantastica“ zu kommen. Sie aßen irdische Burger, unterhielten sich mit Erden-Politikern, gaben sich einfach allem Widerwärtigem hin, was der Blaue Planet halt so zu bieten hatte. Die ersten beiden Einhörner, die es schafften, wieder nach „Fantastica“ zurückzugelangen, hatten gewonnen. Doch bis dahin war es noch ein weiter Weg. Einen kurzen Weg hatte jetzt allerdings Darfo. Es war Werbung. Schnell hüpfte er auf, griff sich die Plastikeimer und rannte in den Garten. Er warf zwei Schokoladenriegel auf den Boden – und sofort verschlangen die beiden feuerspeienden Island-Drachen die Leckereien. Diese kleinen Schleckermäuler. Als Gegenleistung erhielten die Schmetterlinge Popcorn. Grizzel und Klomp drehten sich zu dem Stapel Maiskolben im Garten um – und puuuuuusteten ihre Flammen kurz in den Berg. Plopp, Plopp, Plopp, machte es. Ein weiterer Hektoliter Popcorn war fast fertig. Nun schossen die blau leuchtenden Glühwürmchen herbei, streuten schnell Zucker drauf. Et voilà: Die nächste Fuhre war bereit. Doch noch während Darfo die Eimer füllte, hörte er von drinnen ein Fluchen, das hatteste noch nicht gehört: „Verdammt, verflixt, Scheiße noch eins – weeeeeeer ist das gewesen???“
Großes X auf Pluto zu sehen
Darfo hob die Eimer erschocken an und watschelte wieder zurück gen Wohnzimmer. Und da sah er es: Der Fernsehsender hatte gerade eine Dringlichkeitsnachricht laufen. „Scheint es, dass die unterentwickelte Menschheit Aufnahmen hat, auf der ein großes X auf dem Pluto zu sehen ist. Die Bilder stammen von der NASA-Sonde New Horizons.“ Klar, wer für das Gefluche verantwortlich war: Big Mama Sonja. Wie oft hatte sie nicht alle Märchenwesen auf der Erde und im Universum schon gewarnt, hatte darum gebettelt, dass, wenn sie Ausflüge auf andere Planeten machen würden, sie vorsichtig sein sollten. Keine Spuren hinterlassen sollten. Und vor allem auf der Erde. Nicht erwischen lassen. Es war immer wieder ein Kampf, wie mit Nessie von Loch Ness, mit den isländischen Elfen, und allen anderen Fabelwesen, die sich hier rumtummelten. Einfach kleine lebensfrohe Party-Bienen, weltoffen und kontaktfreudig. „Wie oft habe ich euch schon gewarnt?“, sprach sie in die Stille zwischen zwei Sätzen des Moderators. Sie wussten genau, wer das war. Und sie saßen hier im Raum. Aber es ging weiter. „Nach interstellaren Geheimdienstberichten ordnen die Menschen das X dem Wechsel eines unbekannten Stoffes vom festen in den direkt gasförmigen Zustand zu“, hieß es da weiter. „Puuuuh“, atmete Schmetterlingskriegerin Sonja aus. Zum Glück dachten die Menschen anscheinend nicht wirklich nach, wie dieses Gas dann ein X zeichnen sollte – wenn es nicht von jemanden zielgerichtet gesprüht wurde, oder wenn es selbst nicht lebte. Denn: Zufälle gibt es nicht, das wusste ja jedes Kind. Sonja kochte vor Wut. Darfo hockte sich leise wieder zu den anderen auf die Couch, verteilte vorsichtig das Popcorn. Sonja hatte bereits Schaum vor dem Mund. Das würde eine Einfuhr geben. Uiuiui. Gerade wollte sie ansetzen, ihre „schönen Freunde“ in die Mangel zu nehmen … da ertönte die Staffel-Melodie: „Oh, es geht weiter!“ Knirsch, Knirsch, Knirsch …
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